Finanzierung von KMU in der Schweiz – Banken, Investoren und Alternativen
- Sinan Güzelsahin
- 11. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Einleitung
Über 600’000 KMU bilden das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Sie stellen über zwei Drittel aller Arbeitsplätze und sind ein zentraler Motor für Innovation und Stabilität. (kmu.admin.ch)Doch die Finanzierung bleibt eine der grössten Herausforderungen. Ob für Gründung, Wachstum, Digitalisierung oder Nachfolge – der Zugang zu Kapital entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg. Dieser Beitrag zeigt, wie KMU in der Schweiz ihre Projekte finanzieren können, welche klassischen Wege es gibt und welche alternativen Modelle zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Klassische Finanzierung über Banken
Bedeutung der Bankkredite
In der Schweiz erfolgt der grösste Teil der KMU-Finanzierungen über klassische Banken. Laut einer Studie der Credit Suisse nutzen über 80 Prozent der KMU traditionelle Kredite als Hauptfinanzierungsquelle.
Bedingungen
Solide Bonität und ein klarer Businessplan sind Voraussetzung
Oft ist Eigenkapital von mindestens 20 bis 30 Prozent nötig
Sicherheiten wie Immobilien oder persönliche Bürgschaften spielen eine zentrale Rolle
Herausforderungen
Banken sind seit der Finanzkrise vorsichtiger geworden
Für Startups ohne Sicherheiten sind klassische Kredite schwer zu erhalten
Zinsentwicklung: Während 2020 Kredite mit Zinsen um 1 Prozent üblich waren, liegen die Zinssätze 2024/25 je nach Bonität zwischen 2,5 und 4,5 Prozent
Investoren und Beteiligungsmodelle
Business Angels
In der Schweiz gibt es ein aktives Netzwerk von Business Angels, die Kapital und Know-how in junge Unternehmen investieren. Besonders aktiv sind Netzwerke wie SVC Swiss Venture Club oder Business Angels Switzerland (BAS).Business Angels investieren typischerweise Beträge zwischen 100’000 und 1 Mio. CHF.
Venture Capital
Risikokapitalgeber sind vor allem in den Bereichen Technologie, FinTech, MedTech und Cleantech aktiv. Laut Swiss Venture Capital Report 2024 flossen 3,7 Milliarden CHF in Schweizer Startups, was einem leichten Rückgang gegenüber 2022 entspricht, aber immer noch ein sehr hohes Niveau ist. (startupticker.ch)
Private Equity
Für grössere KMU und Nachfolgeregelungen spielt Private Equity eine zunehmende Rolle. Investoren beteiligen sich am Unternehmen, bringen Kapital ein und begleiten den Betrieb über mehrere Jahre.
Alternative Finanzierungsformen
Crowdfunding
Die Schweiz hat eine wachsende Crowdfunding-Szene. Plattformen wie wemakeit oder Raizers ermöglichen die Finanzierung von Projekten durch eine Vielzahl kleiner Investoren.Laut Crowdfunding Monitoring Schweiz 2023 wurden über 660 Mio. CHF über Crowdfunding-Plattformen finanziert – ein Rekordwert. (hslu.ch)
Leasing und Factoring
Leasing eignet sich besonders für Maschinen, Fahrzeuge oder IT-Infrastruktur
Factoring verbessert die Liquidität, indem offene Rechnungen sofort von einem Dienstleister bezahlt werden
Förderprogramme und staatliche Unterstützung
Innosuisse unterstützt Innovationsprojekte und bietet Coaching für Startups
Kantonal gibt es Programme zur Standortförderung, etwa zinsgünstige Darlehen oder Bürgschaften
Bürgschaftsgenossenschaften wie BG Mitte oder BG Ost helfen KMU ohne ausreichende Sicherheiten, Bankkredite zu erhalten
Finanzierung in der Praxis – Beispiele
Ein IT-Startup in Zürich erhielt 2023 eine Finanzierung von 250’000 CHF durch Business Angels, kombiniert mit einem Innovationskredit der Zürcher Kantonalbank
Ein Produktionsbetrieb in Aargau finanzierte seine neue Maschine über Leasing, wodurch keine Liquidität gebunden wurde
Ein Jungunternehmen im Bereich Nachhaltigkeit sammelte über 500’000 CHF auf wemakeit für die Markteinführung seines Produkts
Herausforderungen für Schweizer KMU
Komplexität der Finanzierungsmöglichkeiten
Hohes Zinsniveau belastet Investitionsentscheidungen
Strenge Anforderungen der Banken an Sicherheiten
Grosse Unterschiede je nach Branche und Standort
Empfehlungen für KMU
Frühzeitig Finanzierungsmöglichkeiten prüfen und kombinieren
Businessplan und Finanzplanung sorgfältig vorbereiten
Alternative Modelle wie Crowdfunding oder Bürgschaften prüfen
Förderprogramme von Innosuisse oder kantonalen Stellen nutzen
Investoren gezielt ansprechen, die nicht nur Kapital, sondern auch Know-how einbringen
Fazit
Die Finanzierung von KMU in der Schweiz ist vielfältig, aber herausfordernd. Klassische Bankkredite bleiben zentral, doch alternative Modelle wie Crowdfunding, Leasing, Factoring und staatliche Förderungen gewinnen an Bedeutung. KMU, die sich frühzeitig mit den verschiedenen Optionen befassen und eine klare Finanzstrategie entwickeln, verschaffen sich entscheidende Vorteile.




Kommentare